Universal-Tool zur Produkt- und Prozessoptimierung: KI-Mittelstandslösung auf Basis genetischer Algorithmen
- groebner
- 6. Mai
- 3 Min. Lesezeit
Die ERK Solutions GmbH hat eine Software zur hoch präzisen Auslegung neuer sowie zur konstruktiven Optimierung von Industriekesseln und anderen Energietechnik-Systemen entwickelt. Mit der Innovation lassen sich jedoch auch für Mittelständler vieler anderer Branchen komplexe Aufgabenstellungen drastisch effizienter umsetzen.
Ein Referenzobjekt des Berliner VIU-Mitglieds ist ein industrieller Abhitze-Kessel mit einer Leistung von 39 t/h, Dampftemperatur 410 °C und -druck: 34 bar. Das Gewicht seiner Heizflächen konnte im Vergleich zur klassischen Auslegung durch Entwicklungsingenieure nochmals um 20 Prozent reduziert werden. Bei konstantem Wirkungsgrad und Einhaltung aller vorgegebenen funktionalen und sicherheitstechnischer Parameter sinken damit Produktions-, Transport- und Montageaufwand erheblich.

Enorme Optimierungstiefe
Ermöglicht wurde der Effizienzsprung durch Nutzung eines genetischen Algorithmus´, einer von der natürlichen Evolution inspirierten Optimierungsmethode. Dabei wird eine Reihe möglicher Problemlösungen zunächst auf ihre Tauglichkeit bewertet. Durch Kombination und Mutation der aussichtsreichsten Kandidaten entsteht eine Vielzahl qualitativ neuer Ansätze, die automatisiert bewertet und selektiert werden. Dieser Prozess wird vom Programm über mehrere Entwicklungsgenerationen wiederholt, bis ein Optimum erreicht ist. Der Prozess kann, abhängig von der Komplexität der Parameter-Vorgaben, sehr zeitaufwändig ausfallen – und wäre von Ingenieuren auf traditionellem Weg nicht leistbar. „Natürlich bedarf das Resultat dennoch der menschlichen Prüfung auf Plausibilität und Praxistauglichkeit“, sagt ERK-Mitarbeiter Mathieu Siegenthaler. Er hatte den Algorithmus als eine der ersten Anwendungen im Energietechnik-Bereich und mit Blick auf die Gewichtsminimierung wohl erste überhaupt über zwei Jahre parallel zu seinem Informatikstudium an der TU Berlin vorangetrieben.
Wie Firmenchef Prof. Udo Hellwig auf der 30. Internationalen ERK-Lizenznehmer-Konferenz mit Teilnehmern aus neun Ländern von Argentinien bis China erläuterte, kann das Unternehmen nun drastisch präziser und verlässlicher als je zuvor in der Firmengeschichte auf Anfragen reagieren und auf den jeweiligen Anwendungsfall zugeschnittene Hochleistungskessel und andere modernste Energietechnik zur Verfügung stellen.
Fast unbegrenzte Anwendungsvielfalt
Mit dem flexiblen Optimierungsprogramm auf Java-Basis ließen sich laut Entwickler Siegenthaler auch fernab der eigenen Branche anspruchsvolle Problemstellungen mit einer Vielzahl zu berücksichtigender Einflussfaktoren bewältigen: „Das reicht von der Stabilität einer Fahrradspeiche über die Dämmwirkung von Wärmeverbundsystemen oder die Abmessungen von Fahrzeugbatterien bis zu Materialauswahl und Dimensionierung von Maschinen und Fertigungsanlagen“. Dem konstruierenden Ingenieur werde mit dem Software-Werkzeug Anwendungsvielfalt ohne sichtbare Grenzen an die Hand gegeben.
Nächste Nutzungsfälle in Vorbereitung
Das Tool setze „neue Effizienz- und Qualitätsstandards“, sagt Prof. Mario Nowitzki von der TH Wildau (Brandenburg). Er plant deshalb eine Zusammenarbeit mit ERK zur Entwicklung eines kleinformatigen und kostengünstigen thermochemischen Saisonspeichers, der den Transfer sommerlicher Solarwärme in die Winterzeit – etwa zur regenerativen Beheizung von Einfamilienhäusern – ermöglichen soll. Bei der Optimierung dieses Speichers wäre der genetische Algorithmus eine echte Hilfe, so Nowitzki.
ERK will das Instrument für weitere eigene Entwicklungsvorhaben nutzen. Darunter ein Geothermieprojekt zur Wärmeversorgung von Haushalten und Gewerbe im pfälzischen Landau. Bei der Abkühlung der heißen Sohle vor dem Rücktransport in 3500 Meter Tiefe beeinträchtigt die Ausfällung aggressiver Salze das Rohrsystem, die Ablagerungen mindern zudem die Wirksamkeit der Wärmetauscher. Der Algorithmus soll präzise Aussagen zu den Fouling-Prozessen und nötigen Reinigungsintervallen sichern, die Standzeit des Systems damit verlängern. Zudem soll die Systemtechnik so ausgelegt werden, dass die Abscheidung industriell nutzbarer Wertstoffe wie Barium, Lithium oder Antimon aus der Sole ohne Abstriche bei der Verlässlichkeit und Effizienz der Versorgung optimal ermöglicht wird.
Kontakt: Prof. Dr.-Ing. Udo Hellwig, GF ERK Eckrohrkessel Holding GmbH, Radickestrasse 48, 12489 Berlin. T. 030 897746-0, uhellwig@eckrohrkessel.com, www.erk-systems.com
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